Die Große Küstentanne (abies grandis)

Höher. Schneller. Noch höher. Die im Westen Nordamerikas beheimatete Große Küstentanne (lat.: abies grandis) überragt unsere heimischen Nadelbaumarten in ihrer Wuchsleistung um ein Vielfaches. Zwar erreicht sie nicht wie in Amerika eine Höhe von rund 75m und einen Durchmesser von stattlichen 2m, dennoch kann sie sich mit einer Höhe von 43 bis zu 60m und einem Brusthöhendurchmesser (BHD) von über einem Meter durchaus auch in Deutschland sehen lassen.

Auf geeigneten Standorten wird die Höhe von 43 Metern oft schon nach nur 50 Jahren erreicht. Die Küstentanne bevorzugt dabei mäßig frische bis frische Böden, das heißt solche, die gut mit Wasser versorgt sind. Auf staunassen oder wechseltrockenen Böden erhöht sich das Windwurfrisiko, da die Wurzeln sich nicht ausreichend ausbilden können. An geeigneten Standorten bildet die Abies Grandis ein Herzwurzelsystem aus. Die Bestandsstabilität ist dadurch höher als die der Fichten, welche mit ihrem flachen Senkerwurzelsystem bei starkem Wind nicht selten den Halt verlieren. An den Nährstoffgehalt im Boden hat die Küstentanne geringe Ansprüche. Auf nährstoffärmeren Sandböden beziehungsweise wechselfeuchten oder verdichteten Böden gedeiht die sie sogar besser als die Douglasie.

Da die Nadelstreu der Abies Grandis gut zersetzbar ist, und darum gute Humusformen bildet, gilt sie als bodenpfleglich. Die frostharte Riesentanne fühlt sich bei Jahresmitteltemperaturen von 6 – 10°C am wohlsten. Bereits im Alter von 20-25 Jahren beginnen die Küstentannen zu fruktifizieren, also Saatgut zu bilden. Nach der Blüte im April/Mai reifen die Zapfen, bis sie im September vom Wind etwa 45 bis 60m um den Baum herum verstreut werden. Die Zapfen sind nur ein Jahr lang keimfähig und es keimen im Durchschnitt nur etwa die Hälfte aller Zapfen. Auf verwundetem Boden wachsen die kleinen Riesentannen besser an, gegen Laubstreu kommen sie hingegen nicht an. Die Naturverjüngung der Küstentanne kann nicht als invasiv bezeichnet werden, ist aber je nach Standort sehr beeindruckend. Verbissschäden an Jungpflanzen sind seltener zu beobachten als bei den heimischen Baumarten.

Negative Auswirkungen auf das heimische Ökosystem scheint die Küstentanne nicht zu haben und aufgrund des eher geringen Ausbreitungspotenziales und des mittleren Konkurrenzverhaltens sind solche bislang auch langfristig nicht zu erwarten. Dank des schlanken, jedoch gut ausgenutzten Kronenraumes lässt sich die Küstentanne auch mit anderen Licht- und Schattbaumarten, wie beispielsweise Douglasie oder Buche, wunderbar mischen, denn es bleibt genug Platz und Licht für diese. Unter anderem könnte man die Küstentanne aufgrund ihrer Schnellwüchsigkeit in Fichtenreinbestände integrieren, um diese relativ schnell umzubauen.

Das helle und harzfreie Holz der Küstentanne ist etwas weicher als das der Fichte und wird als Sägeholz oder zur Herstellung von Zellstoffprodukten (Papier) verwendet. Die Qualität des Holzes hängt unter anderem von der Breite der Jahrringe ab. Bei schmalerer Jahrringbreite, welche in höherem Alter entsteht, reicht das Holz an die Fichtenwerte heran. Vorteilhaft ist die Verarbeitung des Holzes mit Klebstoffen, da diese aufgrund der geringen Rohdichte sehr gut halten.

Wie jede Baumart ist auch die Küstentanne nicht gegen alle Schädlinge resistent. So ist sie zum Beispiel anfällig für Stamm- und Wurzelfäule Erreger. Des Weiteren können der große braune Rüsselkäfer und der krummzähnige Tannenborkenkäfer großen Schaden anrichten.

Bei der Frage, wie gut die große Küstentanne mit Trockenperioden zurechtkommt, gehen die Meinungen und Erfahrungen weit auseinander. Häufig liest man von einer sehr trockenheitstoleranten Baumart, doch neue Erkenntnisse zeigen, dass die Widerstandsfähigkeit gegenüber Trockenstress und Schädlingen, insbesondere in einem Alter von etwa 40-50 Jahren, eher gering ist. Auch die Küstentannen-Bestände im Forstrevier Klausen leiden zurzeit sehr unter dem Trockenstress der letzten Jahre und sind sehr anfällig gegenüber dem krummzähnigen Tannenborkenkäfer. Bereits mehr als die Hälfte der Küstentannen in den Beständen unseres Forstreviers sind trocken (abgestorben). Zum Glück ist im Großteil der Bestände ein weiter Teppich an Naturverjüngung vorhanden, so dass sich die Bestände (hoffentlich) von selbst wieder regenerieren können.


Quellen:
https://www.waldwissen.net/assets/waldwirtschaft/waldbau/fva_artensteckbriefe/abies_grandis_baumartensteckbrief.pdf
https://www.wald-und-holz.nrw.de/waldblatt/rfa-10/1604-kuestentanne/
https://www.landwirt.com/Die-grosse-Kuestentanne,,15304,,Bericht.html
https://www.waldwissen.net/de/lebensraum-wald/baeume-und-waldpflanzen/nadelbaeume/kuestentanne#c84762
https://www.waldwissen.net/de/waldwirtschaft/waldbau/grosse-kuestentanne
https://www.waldwissen.net/de/lebensraum-wald/baeume-und-waldpflanzen/nadelbaeume/hoehenwachstum-der-grossen-kuestentanne
https://www.waldwissen.net/de/waldwirtschaft/holz-und-markt/rohholz-und-holzsortierung/kuestentannen-schnittholz


Artikel von Leonie, FÖJlerin